Zürich - 04.12.2021
Gestern Abend habe ich noch geschrieben, dass sich die Kryptowährungen vergleichsweise gut halten und vielleicht ohne die bockigen Aktienmärkte über das Wochenende pumpen können. Ihr habt’s wahrscheinlich gemerkt, diese Hoffnung wurde über Nacht ziemlich brutal zu Nichte gemacht. Ich möchte hier in einem Notfall-Update die Hintergründe beleuchten, was zu diesem Drop geführt haben könnte. Weiter versuche ich zu eruieren, ob dies das Ende des Bullruns ist oder eben nicht. Bitte nehmt diesen Text nicht für bare Münze, ich verarbeite hier lediglich meine Recherche-Ergebnisse, es handelt sich hierbei wie immer um keinerlei Kauf- oder Verkaufsempfehlungen. Ich möchte euch einfach auf den neuesten Stand bringen und etwas Klarheit schaffen.
Also, von vorne, was könnte diesen Drop verursacht haben:
Wir haben bereits mehrere Male vom maroden Immobilienkonzern aus China gehört. Wir wissen, dass dieser nicht gerade liquid ist, viele Verlustgeschäfte in den Büchern hat und einiges an ausstehenden Zinsen nicht begleichen kann. Dies ist belegt und seit mehreren Monaten bekannt. Die chinesische Regierung arbeitet mit der Führung des Konzerns eng zusammen. Zu erwarten sind Restrukturierungen, Kreditausfälle und Zahlungsaufschübe. Eher unwahrscheinlich ist ein unkontrolliertes Zusammenfallen des Konzerns. Dies würde die chinesische Regierung in ein extrem schlechtes Licht werfen und Chinas Wirtschaft zum Einsturz bringen. Weiter würde die gesamte Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werden. Chinas politische Führung wird versuchen, alles besser aussehen zu lassen, als es ist und im Hintergrund alles zu retten, was zu retten ist. In der Nacht häuften sich auf Twitter Meldungen über eine Konkurs-Meldung von Evergrande. Ich glaube, im September hatten wir bereits so ziemlich dieselbe Meldung. Ich habe mich etwas im Internet umgesehen und fand die Meldung auch auf mehreren «News»-Seiten. Jedoch auf keiner einzigen seriösen oder mir bekannten Nachrichtenplattform. Die letzte Meldung einer vertrauenswürdigen Zeitung ist auf den 18. November zurückdatiert. Dabei geht es um den potenziellen, GEREGELTEN Konkurs und wie wahrscheinlich dieser wäre und welche Folgen dieser hätte. Über den tatsächlichen Konkurs, der scheinbar diese Nacht offiziell geworden sei, fand ich nichts. Falls jemand Quellen findet, die etwas anderes belegen, wäre ich dankbar, wenn er mir diese weiterleiten würde. Für mich ist dies lediglich FUD, systematische Streuung von Unwahrheiten, um Retail-Hodler zu verunsichern und aus dem Markt zu drängen.
Wir wissen, dass die grossen Bitcoin-Wallets, also die sogenannten Whales, dazu neigen, den Markt zum Stürzen zu bringen, sobald viele Leute übermütig werden und grosses Risiko in ihren Portfolios halten. Wann ist dies der Fall? Wenn kurzfristige Kredite aufgenommen werden, um damit Kryptos zu kaufen. Dies sind Long-Leverage-Positionen. Sind diese nicht richtig abgesichert mit einem Stop-Loss, werden die Positionen liquidiert, wenn der Kurs zu stark sinkt. Die Kredite wurden vorgängig mit Coins abgesichert, sogenanntem Collateral. Ist nun das Verhältnis zwischen Kreditbetrag und Collateral für den Kreditgebenden nicht mehr gross genug, wird ihm der Kredit zu unsicher und er hat das Recht, die hinterlegten Coins, das Collateral, zu verkaufen. So wird der Kredit zurückgezahlt, bevor dem Kreditgebende ein Ausfall droht. Dies ist eine Liquidation. In den vergangenen 24 Stunden ereigneten sich Liquidationen von nicht ganz 2.6 Milliarden USD. Gestern befand sich das Verhältnis von Leverage-Positionen zu «normalen» Spot-Positionen bei rund 0.22. Heute ist das Verhältnis bei 0.18. Es verringerte sich also um über 20%. Sehr ähnliches passierte auch im Mai. Es hat sich schon oft gezeigt, dass die Kurse sich erst nach solchen Shake-Outs wieder richtig nach oben entwickeln können. Ist der Bitcoin-Preis hoch, nehmen Whales gerne Profite mit. Nun hat man als Marktteilnehmender, welcher über solche Massen an Bitcoin verfügt, die Macht, den gesamten Markt zu beeinflussen. Organisiert man sich noch mit anderen Whales, ist es relativ einfach, den Markt kurzfristig zum Einsturz zu bringen. Wie muss man sich dies vorstellen? Als Whale habe ich hunderte Bitcoins im Profit. Diese verkaufe ich gleichzeitig mit einigen «Whale-Kameraden». Die unglaubliche Masse an Bitcoin, welche gleichzeitig verkauft wird, bringt den Markt schnell zum Sinken. Die ersten Leverage-Positionen werden liquidiert und das Collateral wird vom Kreditgeber verkauft. Dadurch sinkt der Bitcoin-Preis weiter, es entsteht ein sogenannter Long-Squeeze, die Long-Positionen werden aus dem Markt «gequetscht» und der Preis befindet sich im Sinkflug. Wäre ich ein Whale, könnte ich entweder noch mehr Bitcoin verkaufen und weitere negative Dynamik entwickeln oder ich beginne dann irgendwann damit, meine Bitcoin wieder zu kaufen. Da aber der Preis nun viel tiefer ist als zum Verkaufszeitpunkt, kann ich hunderte Bitcoin mehr kaufen. Und schon habe ich einige Millionen mehr in meinem «Pensions-Fonds», ganz einfach und (im Moment noch) legal. Die Verkäufe ereignen sich in der Regel innert weniger Stunden, das Kaufen danach jedoch kann sich über mehrere Monate hinweg ziehen, wie wir im Sommer gesehen haben. Als Whale möchte ich natürlich so tief wie möglich kaufen, daher werde ich mich davor hüten, all mein Cash aus dem Verkauf auf einmal wieder in den Markt zu pumpen. Würde ich dies tun, kann ich vielleicht 50 Bitcoin tief kaufen. Schnell würde der Preis aber wieder steigen, da auch Retail-Investoren wieder Vertrauen gewinnen, Leverage-Positionen aufmachen und den Preis pumpen. Dann könnte ich die restlichen Bitcoin nur noch mit wenig «Rabatt» kaufen. Dann warte ich lieber ein wenig, lasse die Leute in Panik und kaufe langsam, aber stetig meine Bitcoin zurück, ohne den Markt zu pumpen. Irgendwann ist jedoch niemand mehr da, der verkauft und der Preis steigt wieder. Dann können wieder neue All-Time-Highs gemacht werden, da nun nicht nur die Retail-Investoren kaufen, sondern auch die Whales. Sind wir dann tatsächlich wieder in All-Time-High-Region, werden die Whales wohl mit dem Kaufen aufhören, die Retail-Investoren aber nicht und der Preis steigt weiter bis die Whales wieder beginnen, in die Rallye zu verkaufen. Werden die Retail-Investoren zu übermütig, lassen sie den Markt wieder crashen und so weiter und so fort. Wiederhole so oft wie möglich und werde stinkreich. Easy. Es ist leider so, dass die Krypto-Märkte die am einfachsten zu manipulierenden Märkte sind. Dies ist für mich ein sehr wahrscheinliches Szenario. Es hat sich schon mehrere Male ereignet und macht durchaus Sinn. Zudem ist es durch On-Chain-Daten nachvollziehbar. Diese Daten müssen jedoch in den nächsten Tagen noch von Analysten ausgewertet werden. Dann werden wir sehen, woher der enorme Verkaufsdruck kam. Ich tippe darauf, dass es sich dabei um Whale-Wallets handelt und sich dann eine Long-Squeeze-Dynamik entwickelte.
Diese Woche habe ich in den Daily InSaights häufig über die FED, Jerome Powell und allfällige Umkehr zur restriktiveren Geldpolitik geschrieben. Daraus ergab sich, dass Teilnehmer der Finanzmärkten langsam aber sicher sehr nervös wurden. Gestern Abend schlossen die Aktienmärkte dunkelrot. Wir sind nun tatsächlich an einem Punkt, an dem wir mit weniger Anleihenkäufen und schnelleren Zinserhöhungen durch die FED rechnen müssen. Dies mag vielleicht nicht heute oder morgen der Fall sein, aber man sollte der FED gut zuhören. Darauf werde ich hier nicht mehr im Detail eingehen, ich empfehle dazu die letzten InSaights zu lesen. Hinzu kommt natürlich die neue Corona-Variante, welche die Unsicherheiten noch verstärkt. Es ist also unbestritten, dass die Finanzmärkte nicht so genau wissen, wie es weitergeht und viele in Panik sind oder kurz davor. Für mich ist jedoch weiterhin klar, dass die FED nicht einfach die Märkte crashen wird (zumindest nicht auf eine Art und Weise wie beim Corona-Crash). Um einen Crash zu verhindern und trotzdem die Inflation bekämpfen zu können, muss sie immer wieder ein wenig Angst schüren. So werden bei jeder Ansage wieder einige Aktien verkauft. Die FED wird nicht einfach eines Tages sagen: «Hey, wir erhöhen jetzt die Zinsen ab morgen», und die Märkte rund um den Globus crashen auf einen Schlag. Die FED wird über die nächsten Monate immer und immer wieder sagen: «Hey, die Zinsen werden früher oder später angehoben, wahrscheinlich zum Zeitpunkt X und übrigens werden wir ab Zeitpunkt Y nicht mehr so viel Geld in die Märkte pumpen», um die Markteilnehmer darauf vorbereiten. Die grossen Player wie Banken und Asset Manager können ihre Positionen entsprechend umschichten, das Risiko verringern und einem Crash wird so der Wind aus den Segeln genommen. Die FED muss verhindern, dass die Finanzmärkte verrücktspielen. Das letzte, was die FED gebrauchen kann, ist ein richtiger Crash und Panik, denn so würden alle Anstrengungen wieder zu Nichte gemacht, die unternommen wurden, um die Wirtschaft aus dem Corona-Tief zu holen. Das heisst, sie muss langsam die Wirtschaft etwas drosseln. Und genau dies macht sie im Moment mittels Kommunikation, dann mit Tapering und dann können die Märkte wieder nachhaltig nach oben gehen. Schlussendlich geht es darum, die Inflation und die Wirtschaft zu drosseln, was nicht ohne kurzfristigen (einige Monate vermutlich) Schmerz gehen wird. Ich gebe zu, ich wurde von den Aussagen von Powell dieser Woche ebenfalls überrascht und habe damit nicht vor Neujahr gerechnet. Da habe ich in den InSaights in den letzten Wochen eine andere Meinung vertreten. An den Märkten mitzuspielen heisst allerdings auch, sich auf Veränderungen einstellen zu können. Vielen Dank für eure Nachsicht. 😉 Was heisst dies für Bitcoin und Kryptowährungen? Die Volatilität der Aktienmärkte schlägt sich so gut wie immer verstärkt auf die Kryptomärkte nieder. Für mich ist dies klar auch einer der Gründe, warum wir gestern nach unten gingen. Wenn wir nochmals zum Punkt 2 zurückgehen, wird klar, warum die Whales jetzt die Märkte crashen wollen: Die Unsicherheiten und Ängste sind schon da, was es nochmals einfacher macht, den Markt nach unten zu drücken. Für mich sind daher die Punkte 2 und 3 die Gründe für den Crash von letzter Nacht.
Das weiss ich leider auch nicht. Kurzfristig ist für mich wichtig, den Aktienmarkt im Auge zu behalten. Ich bin gespannt auf die Eröffnung am Montag. Die Aktien werden wohl richtungsweisend sein. Ich weigere mich aber zu glauben, dass der Bullrun zu Ende ist. Viele haben vor einigen Wochen noch geleugnet, dass wir vermutlich einen längeren Cycle sehen werden als bisher angenommen. Heute glauben auf Crypto-Twitter fast alle daran. Je mehr daran glauben, desto eher wird dies auch eintreffen. Weiter sehen wir klar, dass einige Altcoins Bitcoin beim Drop outperformt haben. Auffällig ist zudem, dass die Bitcoin Dominanz nicht zugelegt hat. Typischerweise flüchten nervöse Investoren aus Altcoins in Bitcoin. Dies war bei diesem Drop nicht der Fall. Wir beobachten zurzeit keine Anzeichen, welche für ein Ende des Bullruns sprechen. Grundsätzlich ist es wohl zu früh, um jetzt eine Prognose zu stellen. Daher macht es wohl Sinn, im Moment ruhig zu bleiben. Wir haben in den letzten Monaten Coins mit Qualität gekauft, die wir problemlos mehrere Jahre halten könnten. Fundamental hat sich absolut nichts verändert. Es ist nicht auszuschliessen, dass die Märkte über Wochen oder gar Monate weiter bluten. Wir haben dies bereits durchgemacht, Mai lässt grüssen. DCA nach unten und Profits mitnehmen nach oben, dies bleibt weiterhin die Strategie, die über die Jahre wohl am profitabelsten bleiben wird.
Ich hoffe, wir überstehen das Wochenende ohne weiteren, grossen Schaden. Gönnt euch eine Auszeit von den Charts und lenkt euch ab. HODL! Nur wer einen langen Atem hat, wird es in diesem Markt zu Geld bringen. Schönes Wochenende!