Zürich - 10.12.2021
Heute blickte die ganze Welt um 14:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit nach Amerika: Die Inflationszahlen vom November wurden publiziert. Erwartet wurde eine Steigerung der Konsumentenpreis um 0.5% gegenüber Oktober. Diese Erwartungen wurden auf den Punkt genau erfüllt und alle so «phuuu, gerade nochmal gut gegangen, BTFD!». Die US-Aktienindizes stehen um 17:45 Uhr, Zeitpunkt des Verfassens dieses Updates, alle im Plus: Der S&P500 bei 4’690 Punkten oder Plus 0.5%, der Dow Jones bei 35'820 Punkten oder 0.18% im Plus und der Nasdaq bei 15'564 Punkten oder 0.3% im Plus.
In den letzten Tagen habe ich immer wieder von den Inflationsdaten geschrieben und deren Wichtigkeit hervorgehoben. Nun haben wir die Zahlen erhalten, wie kann man diese interpretieren? Grundlegend ist die Inflation sehr hoch, egal ob nun die Erwartungen eingetroffen sind oder nicht. Auf Jahresbasis stehen wir bei 6.8% Inflation in den USA. So hoch war sie seit 1982 nicht mehr. Theoretisch ist eine hohe Inflation kein Problem, solange die Löhne gleich mitsteigen. Dies ist allerdings so gut wie nirgends der Fall. Dies führt dazu, dass sich die Konsumenten weniger leisten können und der Druck auf die Regierung steigt. Präsident Biden hat diese Woche klar gemacht, dass es für die Regierung und die FED oberstes Ziel sein muss, die Inflation in den Griff zu kriegen. Dass nun die Geldpolitik restriktiver wird, steht also ausser Frage. Die Frage ist nur, in welchem Ausmass.
Um dies zu beantworten, sollte man einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wir leben seit 2008 in einem Tiefzinsumfeld. Jeder Versuch der Nationalbanken, wieder zur «Normalität» zurückzukehren ist in diesen Jahren gescheitert. Das heisst für mich, dies ist die neue Normalität. Die Zinsen waren vor Corona sehr tief, heute sind sie extrem tief. Es ist gut möglich, dass wir wieder zurück zu sehr tief gehen, aber die Zinsen werden wohl kaum plötzlich wieder sehr hoch gehen. Dies hätte zur Folge, dass die Kredite der Unternehmen und Konsumenten zu teuer werden und ein wirtschaftlicher Kollaps droht. Das Tiefzinsumfeld hat die Rally der letzten Jahre sämtlicher Anlageklassen ausgelöst, da es sämtliche festverzinsten Anlageklassen sehr unattraktiv macht. Will ich Geld anlegen, kann ich heute auswählen zwischen 0.irgendwas auf Anleihen oder durchschnittlich ca. 13% pro Jahr auf Aktien (Rendite des S&P500 zwischen 2011 und 2020). Da ist klar, was ich wähle. Mit der hohen Inflation wird das Dilemma noch grösser. Dazu ein Tweet von Lyn Alden. Er zeigt die Rendite der staatlichen Zinsen im Vergleich zur Inflation. Die Zinsen sind also bei 0 und die Inflation bei fast 7%. Würde man eine staatliche Anleihe kaufen erhält man also 0 Zinsen und sein Geld verliert gleichzeitig noch 7% an Wert. Kein guter Deal, da nehme ich doch lieber die Aktien. Damit möchte ich zeigen, dass wir zwar in den nächsten Wochen oder Monaten weiter steigende Inflation und sinkende Märkte sehen könnten, das allgemeine Narrativ der tiefen Zinsen wird aber nicht so schnell verschwinden. Trotz des höheren Risikos werden Anleger dazu gezwungen sein, weiter in Aktien zu investieren, um überhaupt eine Rendite zu erwirtschaften. Nun kann man in extrem hoch bewertete Aktien investieren, die einen Preis haben, der mit dem aktuellen Gewinn kaum zu rechtfertigen ist. Oder aber man investiert in… *Trommelwirbel* Kryptowährungen! Ich kann mir gut eine weitere Verschiebung Richtung Kryptos vorstellen, die Renditen sind attraktiv und die Branche boomt. Ich betone aber an dieser Stelle, dass die Reise weiterhin holprig bleiben wird und wir vorsichtig bleiben müssen, zumindest kurzfristig. Take profits und geht kein übermässiges Risiko ein! In diesem Sinne wünsche ich euch ein Dump-freies Wochenende!